Traditionen zur Geburt
Ein neuer Erdenbürger erblickt das Licht der Welt
Die Geburt eines Kindes, in welchem Kulturkreis auch immer, ist in jedem Fall ein überaus erfreuliches Ereignis und stellt einen besonderen Anlass zum Feiern dar. Obwohl sich religiös-philosophische Vorstellungen von der Geburt eines Menschen vielfach unterscheiden können, gilt es in allen Fällen, den neuen Erdenbürger in der Gemeinschaft herzlich willkommen zu heißen und ihm der Mutter die erste Zeit des Lebens so angenehm wie möglich zu gestalten. Schließlich haben beide doch eine schmerzhafte und gleichzeitig gefährliche Erfahrung hinter sich gebracht. Früher war es diesbezüglich vornehmlich die Aufgabe der Hebamme, die „Wöchnerin“ durch den Prozess der Geburt und darüber hinaus zu Hause zu begleiten und alles Mögliche zur Stärkung und für das Wohlbefinden von Mutter und Kind zu tun. Unterstützung erhielt die Geburtshelferin damals meist zumeist von der zukünftigen Taufpatin, welche die schwangere Frau schon vor der Entbindung bei Besuchen immer wieder mit Nahrungsmitteln, meist in Form von mitgebrachten Gebäcken, versorgte. Später reichte sie der Mutter in der so genannten „Godlschale“ eine kräftige Brühe. Dank unserer modernen medizinischen Möglichkeiten können heute viele nachgeburtliche Komplikationen und damit verbundene Gefahren wesentlich leichter von Mutter und Kind abgehalten werden als anno dazumal. Und demnach kennt man heute auch kaum mehr die Bedeutung von so manchem magischen Schutzzeichen, wie etwa dem „Drudenfuß“ bzw. Pentagramm, welches einstmals an der Stirnseite der Kinderwiege eingeschnitzt wurde. Dieser fünfzackige Stern sollte den Säugling vor „Verschreien“ oder dem „bösen Blick“ schützen.
Meister Adebar
Anders verhält es sich vergleichsweise dazu mit „Meister Adebar“, dem Storch. Noch heute erzählt man, dass dieser freundliche weiße Vogel die Kinder bringe, und in einigen Teilen unseres Landes ist es sogar sehr beliebt, einem frisch gebackenen Ehepaar einen hölzernen Storch mit Baby im Schnabel vor die Haustür zu stellen und freudig auf den Neuankömmling in der Dorfgemeinschaft zu verweisen. Diesem Brauch liegt die überlieferte heidnische Auffassung zu Grunde, dass die Seelen der Verstorbenen im Reich der Frau Holle gehütet werden und als Keime auf Steinen, in Gewässern oder auf Bäumen auf ihre Wiedergeburt warten. Beim Essen eines Apfels z. B. oder beim Baden schlüpfen die Menschenkeime in die Leiber von Frauen, ihren künftigen Müttern. Der Storch Adebar hilft so mancher Seele hierbei, holt sie der Sage nach aus den Sümpfen des Hollereiches und bringt sie durch den Schornstein in ihr neues Heim. In dieser Funktion dient er uns auch heute noch als Glücks- und Schutzsymbol für stillende Mütter.
Lebensbaum pflanzen
Als Relikt aus vorchristlicher Zeit ist auch der Brauch zu sehen, bei der Geburt eines Kindes im Garten seines Anwesens einen Baum zu pflanzen. Für den sehnlichst erwarteten Stammhalter war dies zumeist eine Linde, für ein Mädchen wählte man als Zeichen der Freude und Jugendlichkeit den Setzling eines Kirschbaumes. Gedieh der Lebensbaum des Nachwuchses prächtig, war es um die Gesundheit des jeweiligen Kindes gut bestellt, dies glaubte man zumindest zu beobachten.
Mürbbrot für die Wöchnerin
Dieses Brot wurde vor allem im Wochenbett liegenden Müttern zur Stärkung gebracht. Dies brachte fast jeder, der die Mutter und das Kind besucht hat, mit. Es waren überdimensionale Gebäcke, gefüllt und ungefüllt. Die Semmeln und Kipferln waren mindestens doppelt so groß wie die herkömmlichen Gebäcke. Aber auch gefüllt mit Nussfülle oder Marmelade wurden dafür Gebäcke gebacken (Kipferln, ....).
Zusätzlich zu diesem Gebäck gab es noch Kaffee, Rotwein, Würfelzucker und süßen Zwieback, Suppennudeln und eine Suppenhenne.
Zum Rezept ...
Dr. Sigrid Günther
(aus dem Buch „Österreichische Festtagsküche“)